Neuer Waldlehrpfad eröffnet

Eine Schimpansenforscherin schreibt dafür aus England nach Dorsten

Von der Idee bis zur Fertigstellung wurden fünf Jahre Arbeit investiert

Informative Texte können über QR-Codes aufgerufen werden

BildAstrid Hochstrat
Bald ist es soweit, die Schere auch schon griffbereit.

Heute ist ein besonderer Tag. Ein roter Luftballon an einem Holzschild an der Marler Straße weist darauf hin: Hier ist was los. Tags zuvor hatten Michael Heidermann und Bernhard Schlüter  von der Stadtgärtnerei das nagelneue Schild aufgestellt. Waldlehrpfad ist darauf zu lesen. Die Farbe ist gerade mal trocken. Am Mittwoch hatten Bernhard von Blanckenburg, der frühere Stadtförster, und Georg Tenger, Leiter der Biologischen Station Kreis Recklinghausen e.V., zur Eröffnung des neuen Waldlehrpfades eingeladen.

Mittwoch  um 11 Uhr: Es sind 22 Leute gekommen, die Aktiven und die Gäste, wie Harald Stucken, Ulrich Keller, Martin Hollstegge und Frank Vennemann. Sie stehen unter den Eichen und Buchen am Waldrand. Es ist trocken, etwas kalt, der Kragen wird hochgezogen, man wartet ab. Soeben wird noch ein Flatterband über den Weg gespannt. Bürgermeister Tobias Stockhoff rät dabei mit einem Schmunzeln: „Bitte das Band umdrehen,  vorne steht Lebensgefahr Holzfällung drauf“. So geschieht es.

Es folgen nacheinander Begrüßung und Redebeiträge. Die Stimmung ist heiter.  Alle Beteiligten erhalten großes Lob vom Bürgermeister für gute Arbeit und Zusammenarbeit. Er stellt einige Informationen des Waldlehrpfades heraus, etwa die Situation des Waldes zu Zeiten des Bergbaus, und betont die Wichtigkeit von Wald und Umweltbildung. Besonders gefiel ihm die Gestaltung der großen bunten Kartentafel am Waldeingang.  

Allgemeiner Zuspruch: sehr gelungen. Astrid Hochstrat, Grafikerin der Stadt, hatte sie ansprechend gestaltet, wie auch das Design der Infoschilder auf den 30 Stelen. Sogar das Stadtwappen ließ sich unterbringen. Georg Tenger von der Biostation erläutert die  bunten Streifen des Hohe Mark- Logos auf der Übersichtstafel und betont, dass der „Waldlehrpfad Barloer Busch“ auch im Naturpark Hohe Mark liege.

In den bisherigen Reden kam mehrfach  das Wort „Seele“ in Verbindung mit Wald vor. Bernhard v. Blanckenburg greift das auf mit Erich Kästner: „Die Seele wird vom Pflastertreten krumm, mit Bäumen kann man wie mit Brüdern reden und tauscht bei Ihnen seine Seele um“. Er dankt persönlich nochmals allen Mitwirkenden, denn „man konnte dieses Ein- Jahres-Projekt nur in guter abgestimmter Zusammenarbeit schaffen.“

Dann kommt er auf die Zeit seiner Vorgänger und die Anfänge des Waldlehrpfades zu sprechen. Martin Köcher vom Stadtarchiv hatte recherchiert, mit Erfolg. Wir gehen  also zurück in das Jahr 1977. Dort im  November beschloss der Forstausschuss der Stadt Dorsten die Festlegung der Wege für den geplanten Waldlehrpfad. Oberförster Dehmel hatte damals geprüft, wo man ihn anlegen sollte. Zunächst hatte man die Hasselbecke im Auge, aber dann schlug er den Barloer Busch als geeigneter vor. Im Sommer 1980 stand der Waldlehrpfad  fertig mit seinen 43 Schildern verschiedener Baumarten, ebenso die Schutzhütte aus Holz, die heute noch erhalten ist.

Bernhard v. Blanckenburg, der von 1987 bis 2017 die Leitung des Forstbetriebsbezirks Dorsten innehatte und damit auch den Stadtwald übernahm, erweiterte thematisch den Waldlehrpfad und versuchte, mit einem neuen Konzept viele Aspekte des Waldes aufzuzeigen.  Zudem wurden die Waldjugendspiele etabliert, der Tag des Baumes begangen und der jeweilige Baum des Jahres von Schulklassen gepflanzt. Regelmäßige Führungen ergänzten das Angebot.

Im Frühling 2002  erfolgte die erste Erneuerung des Waldlehrpfades mit Hilfe des Christlichen Jugenddorfes Herten, der Stadtgärtnerei mit Wolfgang Schanz und der Bundeswehr in der Muna Wulfen mit Oberstleutnant Rudolf Haller.  Und die Jahre vergingen. Soviel zur Geschichte. Zum Schluss erläuterte der Förster, ebenso wie die Vorredner, die Chancen, die der Wald und auch der Waldlehrpfad nun der Öffentlichkeit und den Schulklassen bieten.

Genug der Reden, zu den Taten! Bürgermeister Stockhoff bekommt eine Schere. Er tritt an die Absperrung heran, doch dann – unerwartet – übergibt er die Schere an einen Mitarbeiter der Dorstener Arbeit, nicht zu Unrecht, denn diese Gruppe hatte doch mit Holz, Spaten, Zement und Akkuschrauber ein Gros des Handwerks im Wald geleistet. 

Sieben große Ständer und 30 Stelen wurden nach Plan fachgerecht eingebaut, ebenso viele Tafeln und Schilder angebracht, die Arbeiten vielfach begleitet von Regen und wieder Regen. Aber heute kommt die Sonne schwach hervor und legt sich auf den Wald. Der Bürgermeister und Georg Tenger ziehen nun das rotweiße Flatterband stramm und Andreas Schwab, der verdiente Mann der Dorstener Arbeit, schneidet das Band durch. Damit ist der neue „Waldlehrpfad Barloer Busch“ eröffnet. Applaus, frohe Gesichter, Fotos. „Endlich, geschafft“, denkt Bernhard von Blanckenburg.  

Im Juli 2018, kurz nach dem Eintritt in den Ruhestand, begeht er mit Martin Hollstegge, Leiter der städtischen Grünflächenabteilung des Tiefbauamtes, den Barloer Busch. Sie stellen fest: „So marode kann der Waldlehrpfad der Stadt nicht bleiben.“ Also macht Blanckenburg einen Plan, stellt die Kosten zusammen, schreibt ein Protokoll.  Es folgen ein Treffen mit dem Bürgermeister, der sehr aufgeschlossen die Sache unterstützt, und diverse Gespräche. Schon bald wird noch der Hegering hinzugezogen und etwas später der neue Förster Lennart Besten, der auch heute zugegen ist. So bildete sich ein Arbeitskreis von

Stadt – Förster - Jäger. 

2021 entstand aus dem Arbeitskreis mittels Förderprogramm u.a. eine Gatter-Pflanzung, eine bodennahe Aussichtsplattform wurde gebaut und fünf Lehr-Tafeln wurden aufgestellt, die allesamt auf dem Waldlehrpfad seitdem einen guten Abschnitt zum Thema Wald und Wild bilden.  Hier können die  Aspekte der Wildbewirtschaftung, Jagd und Hege gut erklärt werden. Es kam Corona und damit eine Pause. Waldlehrpfadtafeln waren leider im Förderprogramm nicht mit Mitteln bedacht worden. Also sprach Bernhard  von Blanckenburg erneut bei der Stadtverwaltung vor.  Im September 2022 beauftragte Bürgermeister Tobias Stockhoff ihn, den ehemaligen Stadtförster und Waldpädagogen, ehrenamtlich mit der Erneuerung des Waldlehrpfades im Barloer Busch.  Schon bald bildeten er und Georg Tenger, der Leiter der Biologischen Station Kreis Recklinghausen e.V., eine enge Kooperation, ein ideales Team. Die beiden planten die wichtigen Schritte gemeinsam und diskutierten alle Inhalte, berieten die Form und die Ausführung des Waldlehrpfades.

Tischlermeister Josef Büning baute die sieben Stützgerüste, bearbeitete 30 Eichen-Stelen. Astrid Hochstrat, Grafikdesignerin der Stadt Dorsten, setzte perfekt Tafeln und Schilder ins Bild, beeindruckte damit, hatte zudem den Kontakt zu den Herstellern und nahm Bestellungen vor. Ohne Joachim Deutmann, Vermessungsingenieur der Stadt, ging es nicht weiter. Er bearbeitete am PC die Übersichtskarten so lange, bis alle Wegeverläufe und Positionen stimmten.

Aber wer sollte die Bauarbeiten ausführen? Jürgen Ehrhardt, Leiter der Dorstener Arbeit, sah sich den Lehrpfad an: „Da können wir was machen und helfen.“ Sein Quartierhausmeister Florian Hemmer erledigte, wann immer Zeit war, mit den Herren Mitarbeitern Hans-Peter Przytulla, Andreas Schwab, Claudio Antonazzo und Kai Latza die  Grabe- und Aufstellarbeiten vor Ort. Ihr Engagement war vorbildlich. In der Werkstatt der Dorstener Arbeit restaurierten Rainer Engenhorst, Günther Uthees und Charlotte Wessel  das große Vennemann-Schild und bauten ein Doppelschild für den Standort an der Marler Straße neu. Das Sägewerk Stefan Vöcking in Ahaus spendete dafür das Eichenholz.  Auch die Hilfe der Waldbesucher war nicht zu unterschätzen, denn sie gaben wertvolle Tipps, etwa „kann man das Übersichtsschild nicht besser dorthin stellen?“ und „hier könnte  gut eine  Sitzbank sein, nach längerem Laufen.“ Bequem sollte es schon sein auf dem Waldlehrpfad. Wolfgang Schanz, Chef der Stadtgärtnerei, half völlig unkompliziert aus und stellte mehrere Bänke auf.

Nun ist der 2,3 Kilometer lange „Waldlehrpfad Barloer Busch“ der Öffentlichkeit übergeben worden. Viele unterschiedliche Informationen über die Lebensgemeinschaft Wald werden angeboten. Aktuelle Klimaschutzfragen und Lösungen sind zu finden. Zusätzlich bereichern  wohltuende Gedichte  und nachdenkliche Texte das Spektrum. In einer Übung, die man selbst durchführt, erfährt man, wie man in das Rauschen des Waldes hineinhört. Dabei entspannt man sich.

An dieser Stelle eine herzliche Einladung an Lehrer und Erzieher: Kommt in den Wald, lasst die Kinder hier spielen, sie sollen Bäume als lebendige Wesen entdecken und anfassen, den Waldboden und die Pilze riechen, das Moos auspressen, Zusammenhänge wahrnehmen und kennenlernen. NRW ist gekennzeichnet durch ein vielfältiges  oft ehrenamtlich getragenes waldpädagogisches Angebot.

Im Rahmen der UN-Dekade „Bildung für eine nachhaltige Entwicklung“ hat die NRW-Landesregierung den Aktionsplan „Zukunft lernen“ beschlossen. Umweltbildung im Wald - die Stadt Dorsten bietet das weiter an, in alter Tradition, mit dem Waldlehrpfad  im schönen Barloer Busch. Jeder Waldbesuch ist ein Erlebnis und bietet eine Alternative  zum Wohnzimmer,  zum Computer, zum Handy und zur Playstation.  Hier auf dem Waldlehrpfad sind Anstöße geschaffen, die uns berühren und auch wohlfühlen lassen.

Wer mehr wissen möchte: Bernhard von Blanckenburg stellte Texte zusammen, die über einen QR-Code an der Übersichtstafel im Handy lesbar werden. Diese Informationen beispielsweise über Klimawandel, Baumarten, Forstbetriebe und den „Steinernen Tisch“ hat Astrid Hochstrat bearbeitet und grafisch für den Internetauftritt der Stadt Dorsten auf https://www.dorsten.de/kultur-freizeit/kultur/waldlehrpfad ästhetisch ins rechte Bild gesetzt.

Besondere Würze bekommt die städtische Bildungsanlage durch persönliche Beiträge einiger  „Prominenter“, die extra für den Waldlehrpfad etwas Besinnliches, Frohes und auch mal Nachdenkliches verfasst haben. Die Texte lassen aufhorchen, auch Schwester Paula (Tisa von der Schulenburg) ist dabei. Aus Southhampton kam von der berühmten Schimpansen- Forscherin Dr. Jane Goodall ein Brief, im Mai 2023, kurz vor ihrer Deutschlandreise, in Dorsten an. Sie hatte ihren Text für den Waldlehrpfad sofort dauerhaft laminiert.  Auch der bekannte, mittlerweile verstorbene Grafiker Tomi Ungerer schreibt 2016 für den Waldlehrpfad – wen wundert`s – etwas provokant. Prominente mit ihren besonderen Gaben und Begabungen verstärken die Bekanntheit des Waldlehrpfades und verleihen ihm sowohl ein schönes Flair als auch Tiefgang.

Es gibt immer Menschen, die es verstehen, das Besondere der Welt und des Waldes zu entdecken.

Gehören Sie dazu? Versprochen: der Barloer Busch liefert einiges. (bvb)

BildB.v.Blanckenburg
Schautafeln, Spazierwege und Bänke sind übersichtlich dargestellt.
BildB.v.Banckenburg
Schwester Paula (Tisa) verfasste im Kloster einen Betrag schon für den früheren Waldlehrpfad. Ihre Worte bleiben auch nach der Erneuerung erhalten.

KONTAKT

Bürgermeisterbüro

Halterner Straße 5
46284 Dorsten

pressestelle@dorsten.de
eingaben@dorsten.de